Leseprobe


Ich bin erleuchtet und es ist gar nicht so schlimm wie ich dachte

Eine Liebesgeschichte jetzt doch und ohne Absicht

Ich bin erleuchtet und es ist gar nicht so schlimm wie ich dachte. Eigentlich hat sich nichts verändert, außer Alles. Ich kann sogar noch rauchen und Drinks trinken, Semmeln ist auch noch schön, sogar noch schöner und schneller. Ich tue das gleiche, was ich immer getan habe - Wäsche waschen, Kochen, Einkaufen, Schlafen, Scheißen, Telefonieren und Malen.

Beim Duschen ist es mir jetzt wieder aufgefallen. Ich schiebe es immer eine ganze Weile vor mir her. Entweder komme ich morgens nicht rechtzeitig ins Bad und es ist schon besetzt, dann ziehe ich mich erst mal an und mache Frühstück und dann war's das für diesen Tag. Oder ich nehme es mir für den Nachmittag vor wenn es auf dem Balkon schön heiß ist und dann kommt irgendwas dazwischen und abends geht es nicht, weil dann die Haare so durcheinander kommen im Schlaf. Der Duft verstärkt sich derweil immer mehr und tritt allmählich in die gemütliche Phase ein. Ich dusche nicht oft, vielleicht einmal die Woche.

Aber jetzt, an einem sehr frühen Morgen, als ich frierend am Computer saß und schon fast das Zittern anfing von viel Kaffee und Zigaretten, habe ich es getan. In der Wanne war es mir ganz schwindlig und aufs Klo hätte ich eigentlich auch gemusst. Das Wasser habe ich vorgemischt und eine gute Temperatur hin bekommen und dann habe ich den Duschkopf oben eingehängt und mich darunter gestellt. Meinen Kopf habe ich gefühlt in seiner vollendeten Form, die man nur fühlen kann, wenn das Wasser durch die Haare läuft und mit den Rubbelhandschuhen habe ich meine kalten Arme von oben nach unten gestrichen und den Bauch und die Oberschenkel und die Waden und die Füße und die Zehen. Und das warme Wasser lief und lief und ich war sehr dankbar für dieses warme Wasser, und dass ich es nehmen darf. Ich habe geduscht und ich war so froh dabei.

Früher, als ich noch nicht erleuchtet war habe ich auch geduscht.

Seite 40

Es geht um die täglichen kleinen Rechthabereien mittels derer jeder seinen eigenen persönlichen Krieg führt. Am Ende kann er vielleicht sagen, ich habe Recht und ich hatte immer Recht, – und dann muss er doch alleine sterben. Die viel versprechende Spezies Mensch hat ihre Möglichkeiten ziemlich vergeigt und sollte sich jetzt mal was anderes einfallen lassen, sonst fällt sie aus.

Es ist doch gar nicht so schlimm, dass wir alle sterben werden. Immerhin ist es die einzige zuverlässige Gewissheit, die wir haben, die einzige echte Wahrheit. Vielleicht können wir das Sterben im „nicht Recht haben“ schon mal ein bisschen kennenlernen und dann ist die Angst davor nur noch halb so gross? Irgendetwas ist da von Anfang an schief gegangen.

Ja, ich will die Welt neu erfinden. Wollt Ihr sie so behalten wie sie ist?

Wenn ich mal genug habe vom Erleuchtetsein, spiele ich am Computer das Spiel mit den bunten Kugeln oder setze mich auf meinen Sessel am kleinen Balkon und atme. Das mit dem Atmen ist überhaupt das Allerschönste, und ich danke Eckart Tolle dafür, dass er mir davon erzählt hat.

Seite 60-61

Es ist sehr schön, wenn man seine Eltern endlich lieben darf. Mein Väterchen, der kleine Tunichtgut, hilft mir immer, wenn ich ihn darum bitte, dabei ist er schon vor drei Jahren gestorben. Wenn ich so in meinem Zimmer sitze am helllichten Tag, Zigaretten stopfe und ihn innig bitte, mir zu helfen, weil ich Angst habe vor den Seminaren in Berlin und denke, was für eine meschuggene Idee das ist, so was zu machen, dann kann es passieren, dass mir eine Gänsehaut vom Scheitel bis zur Sohle schimmert und zurück. Dann sitze ich da plötzlich in einem lichten Glückskegel, lächle blöde vor mich hin und kann es nicht fassen, dass einem so was beim Zigaretten stopfen begegnen kann.
Es ist ja wurscht egal, ob einem die Toten in echt oder in unecht helfen, und man braucht nicht lange darüber zu diskutieren, weil man es sowieso nicht herausfinden wird. In jedem Fall haben sie eine bessere Draufsicht und schlafen nie. Wenn die Kinder dann mal nachts nicht nachhause kommen, in der berühmten Puperteet, man am kleinen Balkon in den Nachthimmel starrt und keine Ahnung hat, was man machen soll, dann kann man schon mal die geliebte Großmutter Melly bitten, nach ihnen zu schauen, auch wenn man gar nicht mit ihr verwandt ist, sie ist nämlich die zweite Frau meines Großvaters und hat seine sechs Kinder übernommen, weil ihre Mutter schon gestorben war. Sie selbst starb, als meine erste Tochter geboren wurde, und obwohl sie auch vom Guru wusste, hat sie mich gesehen.
Sie hat mich gesehen und es war so schön.
Und siehe da, sie kommen immer heile wieder nachhause, meine Kinder, wer will da wem beweisen, woran es genau gelegen hat.

Seite 69

Kein Mensch will immerzu am Computer sitzen und schreiben. Schon gar nicht in einem so kalten Juli wie diesem. Menschen wollen lieben und Wäsche machen und essen und ihre Kinder sehen.

Seite 72

Es ist sehr schön gefickt zu werden, es ist eins der schönsten Ereignisse, die man überhaupt erleben kann. Am allerallerschönsten ist es, wenn alles von ganz alleine geschieht, wenn nichts Brutales dabei ist, nichts Rubbeliges, nichts Gewolltes und nichts Gewürgtes.
Die Sexforschung steckt ja noch nicht mal in den Kinderschuhen, sie ist mal gerade bei den kleinen handgestrickten Wollsöckchen angekommen, und oft vergisst sie bei ihren Laborversuchen, dass es sich um Menschen handelt. Alles wird unterteilt in kleine Stückchen und dann wird haargenau untersucht, was die Stückchen so machen und wie sie funktionieren. Was piept im Gehirn, wann zuckts im Schwanz, wo muss man Hitze erzeugen, damit es hinten explodiert. Das alles wird dann aufgeschrieben und statistisch ausgewertet und jedes Menschlein, das anders funktioniert, findet sich doof. Wenn das alles so einfach wäre, wären wir pausenlos nur noch glücklich und befriedigt, aber sehr viele sind traurig und einsam.
Inzwischen hat man sogar herausgefunden, dass richtig guter Sex das Fremde bedingt und man will uns einreden, dass nach ca. einem Jahr Beziehung im Bett nichts mehr geht. Was für ein unglaublicher Käse. Ich habe schon lange den Verdacht, dass die Singles durch Presse Funk und Fernsehen regelrecht gezüchtet werden, damit an jeden einzelnen ein Kühlschrank verkauft werden kann und das ganze andere Geraffel, was wir so meinen zu brauchen.
In echt ist das mit dem Sex ganz anders....

Seite 79

So, oder so ähnlich wird es sein oder auch ganz anders. Seit ich erleuchtet bin, war, oder sein werde, ist mir das Wetter nicht mehr gut oder schlecht, sondern kalt oder warm, und erstaunlicherweise mag ich plötzlich den Wind.

Das ist das Einzige was ich mit Sicherheit sagen kann.

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